Der Winzling wurde vorgestern geboren. Was für ein Wunder, denkt seine Mutter und betrachtet fasziniert die Mimik des kleinen Gesichts. Wenn das Kind gähnt, dann gähnt der ganze Körper, wenn es seufzt, vibrieren auch die Schultern ein wenig.
Schade, dass Eile geboten ist.
In diesen Zeiten verbringt niemand seine erste Lebenswoche ohne Not in einer Klinik. Erst recht nicht, wenn zu Hause eine dreijährige Schwester wartet.
Die Stadt ist zugeschneit, Straßenbahnen fahren nicht und bei den Taxis nimmt keiner ab. Die Familie ist sonst nur mit dem Fahrrad unterwegs. Zu Fuß ist der Weg einer Wöchnerin nicht zuzumuten. Jeder Schritt tut noch weh, wie das nun mal so ist. Zwei Kilometer.
Sie schmunzelt, als sie das Foto sieht, das ihr Mann ihr gerade zugeschickt hat. Er hat alles vorbereitet.
Eine Stunde später sind sie schon unterwegs. Der junge Vater hat sich den Winzling vor den Bauch geschnallt und eine extra weite Jacke angezogen. Sie passt.
„Jetzt siehst du aus wie Mama“, lacht die Tochter an seiner Hand. Für sie ist heute kein Platz auf dem Schlitten. Da sitzt die Mutter weich gepolstert und hält ihre Tasche fest.
Noch ein paar Kreuzungen, dann sind sie zu Hause. Zum ersten Mal zu viert.