Das Fahrrad sieht nicht nach Frühling aus. Klümpchenweise hängt der Streugut-Matsch noch unterm Schutzblech, am Kettenblatt und an den Radnaben – ach, überall! – wie nach einem Sandbahnrennen im Platzregen. Einen Moment lang schwanke ich zwischen aufkeimendem Putz-Aktionismus und Schulterzucken. Es könnte bald wieder schneien!
Doch auf der Terrasse steht die Sonne, bei den Nachbarn linkerhand hängen Kleider auf der Leine, und es riecht so sehr nach Komm-raus-und-fühl-mal, dass ich plötzlich sogar mit der Zahnbürste den Winter von meinem Fahrrad putzen würde. Mal schauen, wer noch draußen ist, mit wem ich anknüpfen kann an eine Herbstplauderei. Es ist doch so viel passiert! Doch ich hocke allein vor meinem umgedrehten Fahrrad und habe bald das Muster der Kette auf dem Handrücken. Die Nachbarskinder rechts sind nicht da. Im Herbst waren sie in einem Alter, in dem sie immer wieder ein lautstarkes Hallo durch die Hecke riefen.
Als ich mit dem Speichenputzen beginne, höre ich den Kleinen nebenan doch durch den Garten flitzen. „Hal-lo!“, kreischt er. Na endlich. Meine Gelenke knacken, als ich aufstehe. Da ist er! Und seine Schwester, die dieses Jahr in die Schule kommt, folgt. Sie bemerkt mich und schreitet plötzlich wie eine Königin, die Gelegenheit nutzend, eine neue Art von Cool-Sein auszuprobieren. Dabei gibt es etwas Dringendes mitzuteilen, so viel ist klar.
„Hal-lo“, unterbricht das Brüderchen ihr wohlgesetztes Schweigen.
„Zweiter Zahn raus!“, sagt sie beiläufig, doch laut genug, und verschwindet im Haus. Es ist alles gesagt.