Stoff mit Strippen

Kurz nach zehn. Erstmals zog ich in der Stadt meine selbstgenähte Stoffmaske über die Nase, platzierte die beiden Schleifen am Hinterkopf und betrat einen Laden. Die Verkäuferin am Tresen wandte sich ab und zeigte mir ihren Rücken in grobem Strick.
„Nicht mal einen Spiegel haben wir“, seufzte es aus ihrer Richtung.
„Ich seh sowieso nichts“, sagte eine zweite Stimme.
Auch meine Brille war sofort beschlagen gewesen. Ich wartete darauf, dass die Antibeschlag-Beschichtung meiner Gläser ihren Dienst tat. In Kochtopfnähe funktionierte sie.
Am Tresen hörte ich unbeherrschtes Kichern. „Du siehst aus …!“
Ich nahm die Brille ab und hatte freien Blick auf die Verkäuferinnen, die an ihren Masken herumzupften. Es waren bunte Läppchen, an die sie Strippen genäht hatten, so wie ich, und sie feierten ahnungslos ihre Maskerade.

Das ist jetzt zwei Jahre her.