Die kluge Bauerntochter in meinem Märchenbuch hat mich immer an Heike erinnert. Heike hatte auch einen so langen, dicken Flechtzopf. Ich mochte sie schon im Kindergarten gern anschauen und genoss dann die fröhliche Spannung in meinen Mundwinkeln, denn es konnte uns nichts passieren, wenn sie da war. Heike lachte einfach jeden Kummer von Herzen weg. Auch, als wir uns im ersten Schulwinter einen Schlitten teilten und am Rodelberg plötzlich weit durch die Luft flogen, so dass mir ernsthaft der Atem wegblieb. Sie quietschte vor Vergnügen und klopfte mir auf den Rücken. Vor fünfzig Jahren. Dann zogen wir in die Stadt. –
Wie immer freitags strample ich im Fitnessstudio auf dem Ergometer, angefixt von meiner Route entlang den Display-Balken, vier Minuten bergauf noch – da streicht mir jemand über die Schulter. Ich brauche keine Sekunde, und meine Mundwinkel huschen in die Höhe. Während der Routencursor allmählich bergab sinkt, lachen wir uns in die frühen Siebziger, als würde es noch Momente geben, in denen uns nichts passieren kann.