Zur Stärkung des Selbstbewusstseins

Claudia fand, dass ihr Sohn sich auch mal wehren sollte. Der steckte immer nur ein.
Dabei war sie doch früher genauso gewesen! Ihr Vater hat sie damals, in den Achtzigern, sogar ermuntert, sich nicht alles gefallen zu lassen.
Und dann geriet sie nach der Disko ausgerechnet an Schläger-Karin! Die war sowieso nur gekommen, um Stunk zu machen. Als Claudia und ihre Freundin Melli an der Haltestelle standen, fixierte Schläger-Karin sie schon, begleitet von einer Fremden mit Pudelfrisur.
Einen Moment überlegte Claudia, ob sie ihrem Sohn wirklich die ganze Geschichte erzählen sollte. Er war noch so arglos und treuherzig mit seinen vierzehn Jahren. Klar doch, dachte sie. Sie musste sie nur richtig erzählen!
Also: Schläger-Karin schlich damals an Melli und Claudi vorbei und zischte: „Walkman raus und ab!“
Claudi kriegte das Zittern ihrer Knie kaum zum Halten. Der Walkman. Omas Geschenk zur Jugendweihe! Ihr schoss die Wut in den Bauch.
Als Schläger-Karin mit fordernd wippendem Unterarm „wird’s bald“ kläffte, holte Claudi mit irrer Wucht aus und knallte ihr die rechte Faust auf die Backe.
Schläger-Karin taumelte gegen den Fahrschein-Papierkorb, ihre Pudel-Begleitung sprang erschrocken zur Seite. Claudi war selbst erstaunt, wie perfekt der Schlag gesessen hatte.
„Ich – zeig – dich – an!“, schluchzte Schläger-Karin und hielt sich ihre Wange. „Du – musst – doch – sagen – dass – du – beim – Boxen – bist.“
Claudi hatte nie geboxt.
„Und ich bin sogar Stadtmeisterin“, setzte Melli noch eins drauf.
Stimmte auch nicht.
So ungefähr hat Claudia die Geschichte ihrem Sohn erzählt. Er lachte: „Typisch Mama!“