Neulich hielt ich das zerfledderte, handgeschriebene Rezeptbüchlein meiner Urgroßmutter Amanda in den Händen. Unter Stock- und Fettflecken ist noch erkennbar, wie fein sie einst die Feder geführt hatte.
Weiße Pfeffernüsse. In Sütterlin. Sauber unterstrichen. Wer schreibt noch so fürs Auge?
Schon sah ich ein Stillleben-Foto vor mir: das Rezept auf rotkarierter Monogramm-Tischdecke mit drapierten Backzutaten – Nelken, Muskatnuss und einem Ei im Mehlhäufchen. Die Ecke eines Holzbretts. So sollte meine Weihnachtskarte in diesem Jahr aussehen.
Das Licht stand günstig, die Szenerie war schnell gebaut, nur das Ei rollte immer wieder weg. Nie war alles gleichmäßig scharf, doch eines der Fotos gefiel mir.
Amanda fand also Eingang in meine Dezemberkorrespondenzen, jedesmal verriet ich die Herkunft des Rezepts.
Die erste Antwort kam von einem Freund aus Kaliningrad. Das Rezept sei nicht vollständig lesbar. Ob ich es für ihn einscannen würde?
Er kann die Schrift entziffern und will die Weißen Pfeffernüsse sogar nachbacken!
Und ich?
* * *
… hatte das eigentlich auch längst vorgehabt.