Lohne, Sommer 1947
[…] „Hier, die habe ich geschenkt bekommen“, flüsterte Gigi, öffnete den
Holzdeckel eines winzigen Emaille-Kästchens und hielt Hanni ein
Stück Seife unter die Nase, das noch etwas feucht war.
Hanni atmete ganz tief ein. Blumen. Wiese. Kräuter.
„Von wem hast du die?“
Gigi hob die Augenbrauen und schmunzelte. Jetzt wirkte sie so viel
älter als Hanni. Vielleicht aber auch nur, weil sie so blass und schmal
und dabei so groß geworden war.
„Von den Engländern. Schokolade auch. Die ist nur zum Tauschen,
Hanni! Aber die Seife“, Gigi schluckte kurz, „brauchen wir selbst.“
„Ja, zum Händewaschen“, sagte Hanni und musste lachen.
Gigi streckte sich und schüttelte ernst den Kopf. „Seife macht schön,
Hanni. Das verstehst du noch nicht.“
Erst als der Holzdeckel zuploppte, spürte Hanni den leichten Stich.
Gigi musste sich wahnsinnig erwachsen fühlen.
„Ich verstehe das längst“, sagte sie tapfer. „Und ich brauche das
auch.“ […]
Aus dem vierten Kapitel