Interzonenjahre. Achte (und letzte) Leseprobe

Schwerin, 1952

„Deine Mutter möchte ich sprechen.“
„Das ist noch nicht möglich. Sie ist krank.“ Das letzte Wort betonte sie
etwas, damit er es nicht erneut in Zweifel zog. Was wusste er denn
schon?
Sie war sich nicht sicher.
Höflich fragte sie nach seinem Namen.
Er käme vom Amt, hieße Soundso und wollte eigentlich nur das
Formular ausgefüllt haben für die Akten.
„Lassen Sie es hier, ich gebe es Mutter, wenn es ihr bessergeht.“
„Ein Wochenbett kann Monate dauern, so viel Zeit haben wir nicht.“
Elsa spürte einen fiebrigen Schauer imganzen Körper und vermutete
einen Moment sich verhört zu haben. Jedes Nachfragen würde sie
bloßstellen, doch sie sah das triumphierende Flackern im Blick ihres
Gegenübers und dessen Freude daran, sie überrascht zu haben mit
etwas Unaussprechlichem. Elsa fühlte sich so ahnungslos und nackt
wie lange nicht.

Aus dem achten Kapitel