Interzonenjahre. Fünfte Leseprobe

Lohne, Herbst 1947

„Sind die in der Fabrik zu dir auch so gemein, Mama?“, fragte Hanni
abends am Tisch, als Mama gerade ihre Jacke auszog. Noch nie
hatte Mama etwas von der Arbeit erzählt, nur wie das ging mit dem
Korkenstanzen.
„Sind das denn die Mädchen in der Schule?“, fragte Mama leise zurück.
Gigi kam ihr zuvor: „Da musst du dir nichts draus machen. Mit
denen gibst du dich gar nicht ab.“
„Jessesmaaria, so einfach ist das nicht!“ Hanni fühlte sich nicht verstanden.
„Doch, so einfach ist das. Punkt!“ Gigi ahmte Hannis Tonfall nach.
„Ich hör da nicht hin, wenn solche was sagen“, meinte Mama schlicht.
„Aber das tut doch weh!“ Hanni verstand nicht, wie sie ihre Ohren
verschließen sollte. Außerdem sagten die ja nicht nur was, sie machten
auch keinen Platz auf der Schulbank!
„Irgendwann tut das nicht mehr weh, Hanni“, tröstete Mama.
„Schweig einfach drüber weg. Das vergeht mit der Zeit.“

Aus dem fünften Kapitel