Seid umschlungen …

… Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt!
Unsere Straße ist hundert Jahre alt, hinter den Reihenhäusern stoßen die Terrassen an Efeu-bewachsene halbhohe Mauern. Die schaffen Abgrenzung und sind dennoch kein Hindernis, wenn man miteinander kann und will.
Jetzt wollen wir. Musizieren! Singen! Gemeinsam mit Anderen, die davon wissen.
Dem achtzigjährigen Hobbygeiger im übernächsten Haus ist das Wort flashmob neu, aber für die Ode „An die Freude“ braucht er keine Noten. Die Sängerin nebenan lächelt zu ihm hinauf, da er bereits fertig am Fenster steht.
Auf der anderen Seite trommeln die Kinder schon vor der Zeit auf ihren Blumentöpfen und noch ein Haus weiter wird eine Flöte gestimmt.
Schon diese Momente kriechen unter den Anorak und landen kribbelnd auf der Haut. Mein Schal ist zu dick, doch die Geige findet ihren Platz. Es wird Zeit.
Achtzehn Uhr.
Freude. Schöner. Götterfunken. Oben am Fenster ist vom Klavier ein wenig zu hören. Gesang und Geige sind sich nahe. Die Blumentopf-Trommler gewittern gehörig und hinter dem übernächsten Efeu linkerhand gibt die muntere Flöte alles.
Wem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein …
Wie denkwürdig, dass ausgerechnet eine Krise uns diese innigen Minuten beschert hat.