Open air

Beim Einstimmen der Instrumente fallen die ersten Tropfen, doch das Dach der Konzertmuschel reicht weit über das Dirigentenpult hinaus.
Nur die Stuhlreihen der Zuschauer sind ungeschützt.
Die ersten Regenschirme knallen auf.
„Schirme weg!“ zischeln die Platzanweiserinnen und halten ein paar zu winzigen Päckchen gefaltete Einweg-Capes in die Höhe.
In der 7. Reihe schiebt ein Herr seinen Stockschirm zusammengeklappt zwischen die Knie und schlüpft in sein Fahrradcape. Er muss sich erheben, weil Leute vorbei drängeln, die vor Abklingen des Schauers nicht auf ihre Plätze gewollt hatten. Dabei fing der gerade erst an!
Die Gattin schafft es nicht passgenau in ihr Cape, irgendwo ist da noch ein Knopf zu.
Der Dirigent betritt das Podium, schmunzelt zuerst den Wolken und dann dem Publikum zu. Applaus.
„Nun hilf mir doch mal.“
„Ja, du bist verkehrt.“
„Ich seh nichts.“
„Geht los jetzt.“
„Ich weiß. Zieh doch mal.“
Mit dem ersten Streicherton der Freischütz-Ouvertüre öffnet sich das Hindernis, die Dame rutscht in ihr Cape, der Regen lässt langsam wieder nach, und die Gesichter werden andächtig.