DAS NEUE BUCH
Mein Nachbar stellt ein Paket auf die sonnige kleine Gartenmauer.
„Das hab ich heute für dich angenommen.“
Ich hatte nichts bestellt. Dann sehe ich den Verlagsstempel. Vier Wochen früher.
„Weißt du, was das ist?“, frage ich.
„Sieht man ja“, lacht er.
Ich sehe erst, als ich es mit hineingenommen, die Klebestreifen abgerissen und den Lieferschein beiseite geworfen habe. Es ist eingeschweißt und ein bisschen dicker als erwartet. Das heiß diskutierte Cover ist Realität geworden! Mein Buch! Als ich wieder aufschaue, ist Mitternacht vorbei.
NACH DER LESUNG
Die Suchtporträts sind anonymisiert. Das ist besser so. Dennoch steht nach der Lesung einer auf, dreht sich um im Saal und sagt: „Das eben war meine Geschichte. Ich bin seit sieben Jahren trocken.“ Stille. Dann Applaus. Er ist der Held.
Ein Achtzehnjähriger in einer Suchtklinik reicht mir den Geldschein über den Büchertisch.
Als er das signierte Exemplar in den Händen hält, flüstert er: „Das ist das erste Mal, dass ich mir ein Buch kaufe.“ … EIN LEBEN WEITER.
BEIM BUCHHÄNDLER
Ein Freund, den Fahrradhelm noch umgeschnallt, eilt in den kleinen Laden in der Schlossstraße. Zur Buchpremiere war mir beim Signieren nicht sofort etwas Persönliches für ihn eingefallen.
„Haben Sie Einstieg am Viktoriaplatz ?“
Ich halte mich zurück. Er hat mich noch nicht gesehen.
„Wollen Sie es gleich signieren lassen?“, fragt der Buchhändler schmunzelnd, als hätte er mich extra herbestellt.
„Heiliger Strohsack!“ Die Kante des Helms streift kurz und heftig meine Schläfe.
„Für meinen Sohn wird dir schon etwas einfallen!“, lacht der Radfahrer und hat es nicht mehr eilig.